Viel Nachfrage, wenig Nachwuchs: Neue Studie zeigt das Potenzial des Handwerks

Viel Nachfrage, wenig Nachwuchs: Neue Studie zeigt das Potenzial des Handwerks

Junge Menschen stehen einem Handwerksberuf deutlich offener gegenüber als oftmals angenommen. Eine neue Studie zeigt: Das Handwerk ist für viele genauso attraktiv wie ein Universitätsstudium, vor allem wegen der Arbeitsplatzsicherheit und der sinnhaften Arbeit.

Ergebnisse der Studie

Eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hat ergeben, dass junge Menschen das Handwerk positiv sehen. 214 junge Menschen wurden befragt und bewerteten eine duale Ausbildung im Handwerk als genauso attraktiv wie ein Studium. Sie schätzen vor allem die Arbeitsplatzsicherheit und die Möglichkeit, konkrete Probleme zu lösen.

Im Gegensatz dazu fällt die Selbstwahrnehmung von 248 befragten Handwerksbetrieben deutlich negativer aus. 55 Prozent der Betriebe finden das Handwerk unattraktiv. Diese Diskrepanz erschwert die Gewinnung neuer Mitarbeiter, erklärt Horst Becker, Chef des Bausanierungsspezialisten Isotec, der die Studie in Auftrag gegeben hat.

Empfehlungen für Handwerksbetriebe

Hilmar Klink, Leiter der Studie, betont die Notwendigkeit einer professionelleren Ansprache junger Menschen. Betriebe sollten ihre Stärken hervorheben und moderne Kommunikationswege wie soziale Medien nutzen. Influencer auf Plattformen wie Instagram und TikTok, die den Alltag im Handwerk zeigen, können dabei helfen, das Handwerk attraktiver zu machen.

Es sei wichtig, mehr über Aufstiegschancen und Selbstverwirklichung im Handwerk zu sprechen, um eine positive Wahrnehmung zu schaffen. Becker betont, dass das Ziel sein muss, der attraktivste Arbeitgeber der Region zu werden und eine Willkommenskultur für Handwerker zu schaffen.

Herausforderungen im Handwerk

Das Handwerk steht vor einem Attraktivitätsdilemma: Trotz hoher Nachfrage nach Handwerkerleistungen schrumpft der Nachwuchs. Die Zahl der abgelegten Meisterprüfungen ist innerhalb von 20 Jahren von 9,3 auf 6,9 Millionen gefallen. Zudem bleibt statistisch nur einer von vier Lehrlingen im Beruf.

Die Zahl der Handwerksbetriebe, die neu gegründet werden, sinkt ebenfalls. Mit rund einer Million Betriebe und 5,6 Millionen Beschäftigten ist das Handwerk ein wichtiger Wirtschaftszweig in Deutschland, steht jedoch vor großen Herausforderungen bei der Nachwuchsgewinnung.

Lösungsansätze

Um die Attraktivität des Handwerks zu steigern, betont Klink die Notwendigkeit flexibler Arbeitszeitmodelle, den Einsatz neuer Technologien und bessere Weiterbildungsmöglichkeiten. Auch die Gehälter müssten wettbewerbsfähiger werden, sagt Becker selbstkritisch.

Die Studie zeigt, dass sich drei von zehn jungen Menschen vorstellen können, im Handwerk zu arbeiten, es aber aktuell nur einer von zehn tut. Hier sieht Klink großes Verbesserungspotenzial.

Unterstützung durch die Politik

Um das Handwerk zu stärken, schlägt die Studie unter anderem eine Transferprämie für Studienabbrecher und ein Azubibafög nach dem Vorbild des Hochschulbafögs vor. Auch eine Entbürokratisierung bei der Gründung neuer Handwerksbetriebe und mehr Werbung für Handwerksberufe in Schulen seien notwendig.

Denn oft entscheiden sich junge Menschen gegen einen Handwerksberuf, weil sie nicht ausreichend über die Möglichkeiten informiert sind, so die Studie.